Schneebauer schrieb:
Joel, versteh ich das richtig, dass du Deadpool Spießigkeit (und somit überspitzt formuliert Heuchlerei) unterstellst, weil Wade sich nicht von einem Strap-On pimpern lassen will?
McKenzie schrieb:
Ja, das fand ich auch bisl weit hergeholt
Das war ein (wenn auch nicht übemäßig lustiger) Throwaway-Gag der maximal Wades Macho-Attitüde unterstreichen sollte.
Revolvermann schrieb:
Dennoch verstehe ich auch nicht ganz warum Joel gerade diese Szene nennt. Ich meine, es hätte nicht gerade den ganzen Film umgeschmissen, wenn Wade drauf eingegangen wäre.
Nun ja, einerseits war das sicherlich etwas überspitzt formuliert, um einen Punkt zu machen, denn es ist sicherlich nicht die einzige Szene, die dem Film dieses Gefühl der geheuchelten Lässigkeit und falschen Unantastbarkeit verleiht. Aber andererseits ist es eine für mich sehr passende Szene, die das halbherzige Vorgehen des Films gut demonstriert.
Wir müssen uns einfach mal fragen, warum diese Szene im Film ist und was mit ihr demonstriert/vermittelt wird bzw. werden könnte. McKenzie spricht von einer Macho-Attitüde, aber für mich ist das nicht richtig. Weder Wade noch Deadpool sind Machos, sie sind Männer, die über den Dingen stehen, die nichts tangiert, die aus allem einen Witz machen, die alles - einschließlich sich selbst - mit Ironie oder auch Sarkasmus betrachten, die Erwartungen und Konventionen auf den Kopf stellen. Die komplette Marketingkampagne war auf diese Art von Humor und Persönlichkeit zugeschnitten, z.B. wie der Film augenzwinkernd als Valentinstagsromanze verkauft wurde, was ja sogar im Film noch einmal zur Sprache kommt. Deadpool, die Figur und damit auch Deadpool, der Film, lassen keine Gelegenheit aus, um sich von den Superhelden-Kollegen zu distanzieren, um zu betonen, wie anders man doch ist. Deadpool ist nicht der ultimative Kerl, sondern der ultimative Superheld, dem alles egal ist.
Und dann kommt plötzlich die besagte Szene, wo man nicht nur die a-sexuelle Natur anderer Superhelden aufs Korn nimmt, sondern die Romantikaspekte der Konkurrenz auch zum Mond schießen könnte. Wade probiert es aus, betont dann aber laut und deutlich, dass dort seine Grenzen liegen. Und der Film ist kein Film über Deadpool, sondern in gewisser Weise von Deadpool. Alles, was wir über die Figur sagen, können wir auch über den Film sagen - und umgekehrt. Wenn sich also Wade hier Grenzen setzt, setzt sie sich der Film auch. Warum die Sache mit dem Strap-On überhaupt drin haben? Die restliche Sex-Montage hätte doch schon ausgereicht, um zu zeigen, dass Deadpool und "Deadpool" anders drauf sind als die Kollegen bei Marvel, DC und Fox und Sony. Wenn man eine Figur wie Wade/Deadpool in so eine Situation mit einem Strap-On bringt, sollte man der Figur auch treu bleiben. Und Deadpool, wie er sich gibt, sollte egal sein, was dieser Rollentausch über sein Image sagt. Das einzige Image, welches ihm wichtig sein sollte, ist, dass er anders ist und weiter geht als die Superhelden-Konkurrenz. Klar, es ist vor seiner tatsächlichen Transformation, aber was die Persönlichkeit betrifft ist Deadpool nur eine Weiterentwicklung von Wade, keine Veränderung, kein Austausch. So kommuniziert die Szene am Ende nur, dass Mister Uber-edgy auch nicht zu allem bereit ist, dass er beim Thema #buttseks doch nur ein langweiliger Durchschnittsvögler ist, dass Sex für ihn zwischen Mann und Frau und mit klassischer Rollenverteilung stattfindet.
Und das untergräbt meiner Meinung eben, wie sich Pool sonst gibt. Seine Liebe zu Vanessa, die einzige emotionale Konstante der Figur und des Films, sollte ihn empfänglich (
) für so etwas machen. Er sollte seine Experimentierfreude bis zum Äußersten treiben, denn das will diese Szene ja eigentlich kommunizieren. Wenn man also den Strap-On auspackt, muss man die Sache auch durchziehen. Deadpool hätte mit seiner Sex-Montage eigentlich auch so weit gehen müssen wie "Team America: World Police". Aber das Gegenteil ist der Fall. Seine Verweigerung wird als Gag verkauft. Nach dem Motto, "haha, ist es nicht witzig, wie dieser sarkastische und die vierte Wand durchbrechende Anti-Superheld extra betont, wo in der Horizontalen seine Grenzen liegen?"