Habe mir den Film (FILM, KEIN DING!) dann gestern Abend auch direkt in einem vielleicht 2/3 gefüllten Kino angeschaut.
Zur Vorbereitung bzw. Einstimmung hatte ich vorab nochmals die ersten beiden Teile geschaut und HALLOWEEN: H20. Meine Erwartungen nun an den neuen Teil waren weder hoch noch gering, ich hatte im Grunde keine. Ich war lediglich einfach interessiert. Da konnten schon die Trailer bei mir nichts auslösen.
Ich werde wohl immer wieder HALLOWEEN: H20 als Vergleich heranziehen, da dieser nicht nur präsent war gestern, da ich ihn noch kurz zuvor geschaut hatte, sondern auch, weil er viele Dinge besser macht beziehungsweise so macht, wie ich es mir auch für diesen Teil gewünscht hätte.
Das der neue Film alles bis auf das Original ignoriert sollte nun hinlänglich bekannt sein. Ökonomisch gesehen auch plausibel, da man so dem Zuschauer nicht das Gefühl gibt, dass er in den letzten 40 Jahren was verpasst hat, außer vielleicht das Original. Dadurch nimmt man sich aber auch ein Element (Spoiler für Teil HALLOWEEN II (1981)) und zwar die, dass Michael und Laurie Geschwister sind. Diese emotionale Komponente, die Carpenter nun gewollte oder gezwungenermaßen ursprünglich der Geschichte einverleibte, die erklären sollte warum Myers so ein Getriebener war bzw. ist und sich so auf Laurie eingeschossen hat. Damit konnte schließlich auch HALLOWEEN: H20 gut arbeiten. Doch wie geht nun der 2018er HALLOWEEN damit um? Er erzählt eine traumatisierte Laurie Strode, die sich in Paranoia seit 40 Jahren mit samt Tochter auf die erneute Konfrontation vorbereitet. Und hier wird es für den Film dann dramaturgisch, aus meiner Sicht, wacklig. Denn was treibt denn Laurie und Myers 40 Jahre an? 40 Jahre! Dazu muss man auch nachdenken, wie im Original Myers seine Opfer ausgewählt hat. Nimmt man nur Teil 1 war es doch mehr Zufall. Laurie legt den Schlüssel beim Myers Haus ab, weil ihr Vater Immobilienmakler ist. Keine familiäre Verbindung o.ä.. Nach dem Origina zeichnet sie aus, dass sie eben das einzige Ziel von Myers war, neben Loomis, das er nicht zur Strecke bringen konnte, aber ist Myers so nachtragend? Klar diese Fragen scheinen nun darauf abzuzielen, dass ich auf Erklärungen á la Rob Zombie gewartet habe. Das stimmt aber so nicht. Viel mehr gelingt es dem Film, meiner Ansicht nach nicht, das Trauma von Laurie, das sie 40 Jahre lang im Griff hielt, plausibel darzustellen. Sie hat in der Nacht ihren gesamten Freundeskreis verloren, das kann schon zu einem Trauma führen, aber der neue Film macht daraus nichts. Wer das Original nicht kennt, weiß das durch den neuen Film womöglich gar nicht. Und da brachte die Geschwister-Komponente, mit der der Film ja auch spielt kurz, mag man sie nun gut finden oder nicht, zumindest eine Form der Erklärung hinein, die plausibel erschien, wie diese Laurie vs. Michael - Konstellation zu Stande kommt.
Und auf dieses Duell arbeitet auch dieser Film hin, was vor allen Dingen zu Kosten des titelgebenden amerikanischen Feiertags passiert. Es gibt wohl die besagte Plansequenz zum Halloween-Abend, doch hier verpasst es David Gordon-Green auch gleichzeitig irgendeine Halloween-Atmosphäre (nicht bezogen auf den Film, sondern den Feiertag!
) zu kreieren. Mag auch daran liegen, dass der eigentliche Showdown etwas abseits der Stadt stattfindet. Und in diesem Abschnitt zuvor in der Stadt beginnt eben auch eine Willkür an Morden, die dem Film nicht gut tut. Es gibt im Verlauf auch Opfer, wo man merkt, dass der Film nicht nur aus Abziehbildern besteht, sondern wirklichen Charakteren, deren Ableben man emotional auch miterlebt und bedauert, aber was nach der Plansequenz passiert ist eben wiederum dramaturgisch konstruiert und das nicht gerade elegant.
Auffallend ist auch, dass in puncto Inszenierung und Musik (auf die ich gleich noch komme), der Moment, wenn sich Laurie und Myers zum ersten Mal wieder sehen im Vergleich zum Moment Lauries Enkelin trifft zum ersten Mal auf Michael völlig abfällt. David Gordon-Green findet wohl dafür einen kleinen inszenatorischen Kniff, aber es fehlt dem Moment ansonsten komplett die Wucht, die man erwarten würde und die es dann eben zu Teilen in der Szene mit der Enkelin gibt.
Der bereits erwähnte Score von John Carpenter + Sohn Cody und Daniel Davies ist zweifellos über allen Zweifel erhaben. Die Themen werden schön erweitert und variiert und die neuen Kompositionen und Sounds ordnen sich stimmig ein.
Im letzten Drittel hat man dann einen guten, spannenden Showdown, der wohl eingeleitet wird durch das oft benutzte, hier vielleicht zu oft genutzte, fragwürdige Verhalten von Figuren, bei denen stets Neugier über Vernunft steht. Es läuft dann eben auf Laurie vs. Michael raus, aber gleichzeitig wird auch hier deutlich, dass die Komponente mit Tochter und Enkelin etwas halbgar bleibt und nicht die Bedetung und Intention erhält, die sich die Macher vielleicht davon erhofft haben.
HALLOWEEN (2018) ist kein schlechter Film. Zu keiner Zeit. Er gehört auch auf jedenfall zu den guten Filmen des Franchises, aber für mich steht und fällt der eben zuweilen sehr mit der Figur von Jamie Lee Curtis, der es an etwas fehlt. Prinzipiell ist die Herangehensweise löblich und in Zeiten des MeToo womöglich auch prädestiniert, und ich will nun den Film nicht an David Gordon Greens Können messen und ihm die Hauptschuld geben, da der Film mehr Drehbuch als Regieprobleme hat, wobei er ja auch mitgeschrieben hat daran.
knappe 6/10
Steile These zum Abschluss: HALLOWEEN: H20 ist das bessere/stimmigere Sequel.
Allein schon gemessen an den jeweiligen Eröffnungssequenzen.