Tenet ~ Christopher Nolans Neuer [Kritik]

Shins

Well-Known Member
Ein Film, der erdolgreich ist, kann also nicht intellektuell sein?

Mir geht das hier gerade etwas zu sehr in diese unsägliche Unterscheidung zwischen höhere Filmkunst und Unterhaltungsfilme.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Ich hab ja schon häufiger gehört, dass Nolan als sehr kalt wahrgenommen wird bzw seine Figuren. Ich gehöre aber gleichzeitig zu den Leuten, die beispielsweise Interstellar emotional komplett gepackt hat. Verstehe aber auch nicht so recht, weshalb der kommerzielle Erfolg rundheraus ausschließt, dass seine Filme Substanz haben. Man kann ihnen diese Substanz gerne absprechen, aber imo nicht auf diesem Wege. Dass man das ohnehin sehr unterschiedlich auffasst zeigt ja die Diskussion.
 

Puni

Well-Known Member
So richtig verschenkt / flach, dass es mich stört empfand ich seine Figuren eigentlich nur in TDKR und Inception. Ellen Page lief ja beispielsweise die ganze Zeit nur sinnlos nebenher ohne wirkliche Funktion.
 

Presko

Don Quijote des Forums
IMO is Bay mehr autenthisch als Nolan. Nolan versucht durch Pseudo-intellektuelle-Brainfuck-Filme ein Massenpublikum anzuziehen.
Also wenn, dann vielleicht ehrlicher, was sein Produkt betrifft, aber authentisch scheint mir der falsche Ausdruckt. Und an Zweiterem ist ja erst mal nichts Schlechtes dran auszusetzen. Ich glaube schon, dass Nolan auf authentische Weise versucht, einen gewissen inhaltlichen oder von mir aus "intellektuellen" Anspruch mit Blockbusterkino zu verbinden. Zumindest in einigen Filmen. Das funktioniert oft nur bedingt, wirkt manchmal auch zu forciert, ich würde ihm aber nicht absprechen, dass das nicht authentisch ist.
Nur ist die Masse eben nicht intellektuell. Die Masse ist Marvel.
Was für eine Aussage. Recht anmassend und krass simplifizierend. Es gibt auch die, die lesen Kant und schauen sich im Kino den neuen Thor an.
Wer von denen würde sich Filme von Haneke anschauen? Oder Kubrick? Oder Fassbinder?
Na ja, die, die es halt tun. Und nur weil man Haneke etc. schaut, ist man nicht "intellektuelle" und wenn man "intellektuell" ist, schaut man sich nicht unbedingt Haneke und co. an.
Und dass er mit den Filmen Erfolg hat beweist für mich, dass es eben nicht sonderlich intellektuelle Filme sind.
"Intellektuelle Filme" ist schon ne recht merkwürdige Formulierung, aber egal.
Ansonsten ist alles immer so unfassbar nüchtern und puritanisch.
Das könnte man aber eben auch genau mit diesem "intellektuellen" erklären, das Du absprichst - dass er eher verkopft an seine Filme herangeht und weniger mit dem Herz, um es mal so zu formulieren.

By the way, hab Tenet immer noch nicht gesehen. ich mag aber auch John David Washington als Darsteller bisher nicht so gern, und was Nolan angeht, bin ich durchaus auch zwiegespalten, und hielt ihn lange für überbewertet - "hielt", weil mit Tenet hat das gefühlt sein Ende gefunden.
 

Lunas

Well-Known Member
Ich persönlich konnte mit Tenet so gar nichts anfangen, lag wohl daran das ich zuviel, zuwenig oder gar nicht intellektuell dafür war. Oder vielleicht alle 3 auf einmal, das darf man sich bei Bedarf wohl aussuchen.
 

Envincar

der mecKercheF
Ich finde Nolan ist einfach aufgrund der Art und Weise wie er Filme macht und was für Filme er macht außergewöhnlich. Handgemacht, kaum CGI und stets interessante Ideen und Ansätze. Man kann Tenet oder Inception nicht mögen, Interstellar langweilig finden aber handwerklich sind seine Filme absolute Oberliga. The Dark Knight Rises fällt da etwas raus...der ist für mich wirklich mit Abstand sein schlechtestes Werk...aber allein Memento ist von der Idee allein unfassbar gut.

Gerade in Zeiten wo das Kino gefüllt ist mit CGI-Overkill, plumpen Humor und belangloser Story bin ich sehr froh, dass es einen Nolan gibt.
 

Hi'Pat'Bateman

Well-Known Member
Also wenn, dann vielleicht ehrlicher, was sein Produkt betrifft, aber authentisch scheint mir der falsche Ausdruckt. Und an Zweiterem ist ja erst mal nichts Schlechtes dran auszusetzen. Ich glaube schon, dass Nolan auf authentische Weise versucht, einen gewissen inhaltlichen oder von mir aus "intellektuellen" Anspruch mit Blockbusterkino zu verbinden. Zumindest in einigen Filmen. Das funktioniert oft nur bedingt, wirkt manchmal auch zu forciert, ich würde ihm aber nicht absprechen, dass das nicht authentisch ist.

Was für eine Aussage. Recht anmassend und krass simplifizierend. Es gibt auch die, die lesen Kant und schauen sich im Kino den neuen Thor an.

Na ja, die, die es halt tun. Und nur weil man Haneke etc. schaut, ist man nicht "intellektuelle" und wenn man "intellektuell" ist, schaut man sich nicht unbedingt Haneke und co. an.

"Intellektuelle Filme" ist schon ne recht merkwürdige Formulierung, aber egal.

Das könnte man aber eben auch genau mit diesem "intellektuellen" erklären, das Du absprichst - dass er eher verkopft an seine Filme herangeht und weniger mit dem Herz, um es mal so zu formulieren.

By the way, hab Tenet immer noch nicht gesehen. ich mag aber auch John David Washington als Darsteller bisher nicht so gern, und was Nolan angeht, bin ich durchaus auch zwiegespalten, und hielt ihn lange für überbewertet - "hielt", weil mit Tenet hat das gefühlt sein Ende gefunden.

Ja, die Aussagen waren schon etwas stark vereinfacht. Und dass Bays Filme ehrlicher sind, trifft es wohl besser.

Natürlich schaue ich auch gerne mal Marvel, es ist halt "leichte Kost". Ich esse auch gern mal Burger.

Aber es wird mir wohl niemand widersprechen, wenn ich sage, dass das Mainstream-Publikum intellektuell anspruchsvolle Filme eher meidet, weil sie zu fordernd sind und oft mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Was sich ja offensichtlich in den Zuschauerzahlen niederschlägt.

Jetzt müssen gute Filme nicht "intellektuell" sein, aber zumindest gut erzählt werden. Oder zumindest emotional mitreißend sein. Und da sehe ich die größte Schwäche von Nolan:

Figuren sind bei ihm nur Mittel zum Zweck. Und seine Erzählweise ist wie bereits erwähnt auch recht nüchtern. Furchtbar schlimm fand ich das bei TDK (für mich der überschätzteste Film überhaupt) und Inception. Neben den furchtbar schlechten Gags bleiben die Figuren immer merkwürdig blass. Da kann sich ein DiCaprio noch so reinwerfen, vergleicht man seine Auftritte in einem Scorsese-Film, dann sieht man mal, wie viel Potential von Nolan liegen gelassen wird, weil er die emotionale Ebene immer vernachlässigt.

Und ich bleibe dabei:

Nolan gaukelt den Leuten vor, dass sie einen krassen Brainfuck-Film gesehen haben, der ja total komplex und tricky ist. Aber bei genauere Betrachtung sind seine Filme so konstruiert, dass sie den Eindruck erwecken, es aber nicht wirklich sind.

Unter Brainfuck verstehe ich sowas wie Naked Lunch, Vanilla Sky, Eraserhead - Filme, die den Zuschauer wirklich fordern (wobei wir wieder bei "intellektuell" wären).


Was Nolan aber kann, ist seine audiovisuelle Inszenierung. Und damit überblendet er viele Schwächen in seiner Erzählung. Und das ist für mich eben die Nolan'sche Blenderei:

Dem Zuschauer wird vorgegaukelt, einen intellektuell anspruchsvollen Film gesehen zu haben. Tatsächlich war es aber ein Action-Blockbuster, mit interessanten Ideen, sicherlich, aber blassen Figuren und einer meist flachen Handlung. Aber audiovisuell wird man so überwältigt, dass man begeistert das Kino verlässt.

Es kommt halt drauf an, worauf man seinen Fokus legt.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
[....]

Jetzt müssen gute Filme nicht "intellektuell" sein, aber zumindest gut erzählt werden. Oder zumindest emotional mitreißend sein. Und da sehe ich die größte Schwäche von Nolan:
[....]

Wie es scheint, eh die Ausnahme, aber mich packen die Filme auch emotional auf einer gewissen Ebene. Das ist natürlich nicht so direkt und aufwühlend, wie ein richtiges Drama, aber für mich ist das halt mehr als eine kalte, kalkulierte Abfertigung. Offenbar stehe ich mit der Einschätzung aber auch gänzlich alleine da (womit ich leben kann).
 
Zuletzt bearbeitet:

Presko

Don Quijote des Forums
@Bateman: so formuliert kann ich vielem zustimmen.
Bei TDK sehe ich auch Schwächen, würde aber nicht annähernd so weit gehen in der Kritik. Gerade Bruce inneren Konflikt fand ich gut ausgearbeitet, ebenso doe Beziehung Bruce-Alfred bisher die Stärkste aus allen Batman-Filmen.

Inception ist zu lang her. Die Figuren haben mich nie gestört, viel eher die Filmlogik bzw. das zugrundeliegende Konzept von Träumennund Unterbewusstdein.
 

Hi'Pat'Bateman

Well-Known Member
@Bateman: so formuliert kann ich vielem zustimmen.
Bei TDK sehe ich auch Schwächen, würde aber nicht annähernd so weit gehen in der Kritik. Gerade Bruce inneren Konflikt fand ich gut ausgearbeitet, ebenso doe Beziehung Bruce-Alfred bisher die Stärkste aus allen Batman-Filmen.

Inception ist zu lang her. Die Figuren haben mich nie gestört, viel eher die Filmlogik bzw. das zugrundeliegende Konzept von Träumennund Unterbewusstdein.
Bei TDK fand ich den Wandel von Harvey Dent extrem holprig. Bale bleibt in der Rolle auch recht blass. Er schaut halt immer wie ein Dackel, wenn was Schlechtes passiert.

Dann gibt es nervige Szenen im Film, die mir schon im Kino aufgestoßen sind:

- Die Szene am Anfang mit dem Bus (er fährt einfach aus der Bank und kein Mensch bekommt es mit...
- Die Fähren-Szene mit diesem erzwungenen moralischen Dilemma
- Die flachen Gags in Filmen

Und was mir besonders sauer aufstößt:

Wie rassistisch TDK ist!

Der strahlende Held ist natürlich "weiß" ("arisch") und kommt aus der Oberschicht.

Und die "Bösen"? Sind entweder Freaks (Joker) oder Ausländer (Russen, Italiener) oder Schwarze.

Der Kulminationspunkt dieser These findet bei Harvey Dent statt:

Als er noch "gut" war, war er ein weißer, strahlender Held. "Böse" wurde er erst im Zuge seiner Entstellung als TwoFace. Botschaft:

Die "Guten" (Wayne, Dent, Gordon, Alfred) sind tapfere, gutaussehende, weiße, gebildete Männer aus der Oberschicht. Die "Bösen" sind "entartete" Freaks und Ausländer.

Dass das Nolan nicht aufgefallen ist, spricht Bände. Für mich die größte Niederlage des Films. Es werden da Klischees bedient, die auf keine Kuhhaut passen. Einfach widerlich.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Ist deine Meinung über die Jahre gekippt oder hast du den schon immer so wahrgenommen? Kann ja irgendwie gar nichts davon unterschreiben, aber muss ich ja auch nicht.
 

Hi'Pat'Bateman

Well-Known Member
Ist deine Meinung über die Jahre gekippt oder hast du den schon immer so wahrgenommen? Kann ja irgendwie gar nichts davon unterschreiben, aber muss ich ja auch nicht.
Ich fand ihn schon im Kino eher durchwachsen. Klar, coole Actionszenen, aber definitiv kein zweites Heat, dazu fehlt den Figuren die Ambivalenz. Die rassistische Komponente kam erst nach einer Review hinzu.

Das Schlimme ist ja, dass die Massage so unbewusst kommuniziert wird. Aber eigentlich ist diese binäre Darstellung zwischen Gut und Böse mit ihren rassistischen Untertönen besonders fatal.
 

McKenzie

Unchained
Was Nolan aber kann, ist seine audiovisuelle Inszenierung. Und damit überblendet er viele Schwächen in seiner Erzählung. Und das ist für mich eben die Nolan'sche Blenderei:

Dem Zuschauer wird vorgegaukelt, einen intellektuell anspruchsvollen Film gesehen zu haben. Tatsächlich war es aber ein Action-Blockbuster, mit interessanten Ideen, sicherlich, aber blassen Figuren und einer meist flachen Handlung. Aber audiovisuell wird man so überwältigt, dass man begeistert das Kino verlässt.
Ich mag alle Nolan-Filme zumindest, manche sogar sehr, aber bis zu einem gewissen Grad sehe ich es ähnlich.

TDK halte ich auch für unrunder als (u.a. von Nolan selbst) getan wird (Bus am Anfang, Dents Wandel...), aber manch andere Kritikpunkte kann ich nicht teilen.
 

Hi'Pat'Bateman

Well-Known Member
Ich mag alle Nolan-Filme zumindest, manche sogar sehr, aber bis zu einem gewissen Grad sehe ich es ähnlich.
Er ist ja auch technisch gut, aber bei Nolan gilt vor allem:

Style over Substance.

Und damit spielt er eben NICHT in der gleichen Liga wie ein Scorsese, Kubrick, Lumet, DePalma, Fincher, Polanski...

Im Bereich SciFi sehe ich auch Villeneuve und Garland deutlich vor Nolan. Wobei Garland mit ExMachina, Anhilition, Devs und dem Skript für Sunshine IMO den state of the art für moderne SciFi neu definiert hat. Und wenn ich mir Devs anschauen und einen Nolan-Film dagegen halte, dann tuen sich Abgründe auf 🙈
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Wer wirft denn bei Nolan die anderen Regisseure in den Ring und wer hat den Anspruch, dass er auf der Stufe stehen muss? Höchstens bei TDK habe ich mal Vergleiche mit Michael Mann gehört, aber da hört es auch schon auf.
 

McKenzie

Unchained
Ich muss aber dazu auch mal kurz ketzerisch sagen, dass ich bei Kubrick hier und da auch Style over Substance verdächtige.
 
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