Die Diskussion ist, wie Deathrider ja auch anmerkte, schon älter, nimmt nun nur noch einmal verstärkt Fahrt auf, weil die Folgen von Fehlentscheidungen und Fehlinterpretationen nun aus unterschiedlichen Gründen zu Buche schlagen.
In meinen Augen hat das Kino eine große Fehlentwicklung genommen, nachdem sich die Studios über Jahre hinweg fast ausschließlich auf Eventfilme fokussiert haben. Durch diese Tendenz "verbannte" man ein gewisses Klientel aus dem Kino, und das ist ein durchaus zahlungskräftiges Klientel. Für mich lief z.B. teilweise kaum was ins Kino, dabei bin ich Spektakel und Eventkino gar nicht negativ gegenüber eingestellt und schaue so etwas auch ganz gerne, aber es führte schlussendlich zu einer Übersättigung; so habe ich bis auf GotG 3 z.B. seit längerer Zeit keine Comicverfilmung mehr im Kino gesehen, weil es mich langweilt, und da bin ich kein Einzelfall. Diese Publikumsdistanzierung fällt aber nicht sofort auf, das ist eine Entwicklung und da die Studios langfristig planen und solche Megaprojekte ja auch teilweise Jahre brauchen, bis sie veröffentlicht werden, ist eine Gegensteuerung nicht so einfach möglich, und ein Eingestehen, dass man falsch lag, ja auch nicht immer so einfach. Es müsst eine Entwicklung wie in den 70er-Jahren geben, auch wenn die Gründe etwas anders liegen.
Ein zu einseitiges Angebot bekomme ich dann auch nicht mit "Pauschalangeboten" (Unlimited Card) in den Griff, denn wenn nichts für mich läuft, nützt mir auch ein günstigeres Angebot nix. Unabhängig davon sind die Tickets aber auch zu teuer, das ist ein weiteres Problem. Liegt aber auch an den Forderungen der Studios, weil es für die immer schwerer wird, die absurd hohen Budgets refinanzieren zu können. Diese stiegen auch deswegen, weil man mehr Spektakel und generelle immer mehr, mehr, mehr bieten wollte und das ließ die Budgets steigen. Man muss sich das doch einmal auf der Zunge zergehen lassen: ANT-MAN AND THE WASP: QUATAMANIA gilt z.B. mehr oder minder als Flop, und das bei einem US-Einspiel von 215 Mio. Dollar. Klar, wenn so ein Ding mittlerweile 300 Mio. kostet, wird es halt schwer, dann muss das Ding zur Refinanzierung mindestens (!) weltweit um die 750 Mio. Dollar einspielen, und das ist bei der Vielzahl von Big-Budget-Produktionen aufgrund der genannten Faktorenhalt nicht mehr die Regel.
Das Argument "Streaming" ist ebenso falsch wie richtig. Wenn es nur Streaming wäre, dürfte es keine Hits mehr geben. Dann gäbe es kein TOP GUN 2, kein AVATAR, kein BARBIE, kein OPPENHEIMER. Losgelöst von der Betrachtung, ob es der eine oder andere Film verdient hat, kann man auch heute noch Leute ins Kino locken und das mit Filmen, die im Vergleich zu anderen Big-Budget-Produktionen sogar noch halbwegs akzeptable Budgets haben. Aber natürlich ist es so, dass Leute, sowohl vom Filmangebot als auch von der technischen Komponente, zu Hause bestens versorgt sind und gute Gründe haben müssen, die Couch zu verlassen. Neben einem teilweise recht schwachen Filmangebot hilft es da auch nicht, wenn andere Zuschauer das Filmerlebnis versauen, von anderen Faktoren wie Sauberkeit, Essensangebot, Preispolitik ganz zu schweigen. und wenn dann noch Filme ein paar Wochen nach Kinostart digital starten, hilft das auch nicht. Allerdings wird das nur schwer rückgängig zu machen sein und ist nur ein kleiner Teil des Problems, siehe Erfolg von den o.g. Beispielen.
Ich sehe daher aber auch nicht, dass das Kino stirbt. Das ist gerade fraglos eine gefährliche Phase und das Kino muss sich anpassen - und das hat es schon mehrfach getan und allen Unkenrufen getrotzt. Sei es, als das Fernsehen aufkam, der Videoboom einsetzte, das Privatfernsehen neue Maßstäbe setzte usw.
Aus meiner Sicht sind das, auch in der Relevanz die wichtigsten Punkte:
1. Budgets müssen massiv runter
2. Programm vielschichtiger
3. Kinos anpassen / anders ausrichten
4. Verleihfenster verlängern