Gehen wir mal der Reihe nach in Blöcken durch, was mir zu dieser Geschichte einfällt.
Zunächst ist die Ich-Erzählung nicht mein Favorit. In der Gegenwartsform dann noch weniger und in einem lockeren Plauderton wie hier dann noch weniger. Tja, das sind schon mal blendende Voraussetzungen. Insgesamt geht die Geschichte aber in Ordnung, weil ich auch nicht aus Prinzip die Flinte ins Korn werfe, wenn mir der Stil nicht gleich zusagt.
Der Versuch der Person eine Ausbildung zu beginnen klingt schon im Ansatz - aus Sicht der Person - idiotisch und wird dann auch ziemlich schnell und leider auch wenig elegant fallen gelassen. Es scheint ein Alibi gewesen zu sein um dem Leser mitzuteilen, dass er es tatsächlich mal versucht hat, irgendwie länger zu bleiben, sesshaft zu werden. Von Beginn an wird in diesem teils kumpelhaften Ton gesprochen, da hätte es eine verkürzte Beschreibung von einigen Monaten in Frankfurt nicht gebraucht. Ein paar Kommentare, wie die Person tickt, dass sie es schon mal versucht hatte und gescheitert ist, wären besser gewesen. Dennoch ist die Figur damit durchaus gut etabliert. Damit kann man was anfangen.
Ich war selbst auch noch nie in Indien und man weiß nie an wen man da gerät, aber ich finde es schon irgendwie blöd, dass der Taxifahrer blödes Anfängerenglisch sprechen muss. In einem Land, in dem Englisch Amtssprache ist. Und wo wir gerade dabei sind: Authentizität gut und schön und ich verstehe Englisch sehr gut, aber da es eine fiktive Prosaerzählung ist und kein dokumentarischer Reisebericht, wäre es nicht so schlimm, wenn du die Dialoge deutsch lässt. Dieses ständige Springen zwischen Englisch in den Dialogen und Deutsch im sonstigen Text, irritiert etwas.
Ein paar Fehler haben sich doch eingeschlichen. Das übliche das/dass-Problem, "Thank's" braucht eigentlich kein Apostroph, "allright" muss "alright" oder "all right" heißen und bei "Selbst in der einsamsten Ecke Russlands würden sie noch um mir werben..." heißt es natürlich "um mich werben". Es ist aber nicht so schlimm, dass es stört. Eher störend ist dein Hang, Satzfragmente wahllos aneinander zu reihen. Entweder hagelt es Hauptsatz an Hauptsatz und der Fluss kommt nur durch das locker kumpelhafte Palavern, oder, wie in der Beschreibung des Taxifahrers am Handy, wir müssen uns durch zähe und viel zu lange Fetzen quälen, die per Komma zusammengefügt wurden.
Die Story ist durchwachsen. Die Hauptfigur ist ja, wie gesagt, eigentlich ganz interessant, diesen Abenteuerdrang kann man nachvollziehen und dass er nicht sesshaft werden möchte irgendwie auch. Die Stadt ist ganz gut beschrieben, die Exotik deutet sich an und dass es doch irgendwie westlich beeinflusst ist, ist auch ein nettes Detail. Dann aber wird aus der Geschichte nur wieder ein "Hostel" Abklatsch. Die Wendung kann man lange kommen sehen und er bemüht wieder 3. Welt Klischees von bösen Machenschaften. Die Namenlosigkeit der Figur ist nicht so hilfreich, mal abgesehen davon, dass er durch sein Gerede im Taxi von Hektik und Zeitdruck und naivem Retterideal nicht mehr sehr sympathisch wirkt. Die Logik im Verhalten aller ist beim Finale dann auch arg fragwürdig, auch weil du nicht ganz so genau beschreibst. Wie genau kann er sich befreien, warum ist nicht abgeschlossen und wie kann das keiner merken? Es ist natürlich böse, aber ich fand es vorhersehbar und am Ende zwar konsequent bitter, aber so komplett leer. Vielleicht wolltest du ja dieses angesprochene naive Retterideal kritisch behandeln, aber das kommt dann zu wenig durch.
Mal ganz davon ab frage ich mich immer, wie und warum er diese Geschichte erzählt. Klar, in einer anderen Perspektive wäre das vielleicht nicht so spannend gewesen, aber hier wirkt es mal wieder komisch.
Inhaltlich habe ich noch ein kleines Problem. Vielleicht ist das zu kleinlich, aber unser Held tingelt seit Jahren durch die Welt und hat auch schon in 3. Welt Ländern viel Zeit verbracht. Müsste er als Dauertourist nicht wissen, dass Taxifahrer, die ihn erst zu zwei vollen Hotels und dann ans andere Ende der Stadt fahren, wahrscheinlich nur den Fahrpreis in die Höhe treiben wollen? Wenn sie nicht Schlimmeres vorhaben. Da würde ja sogar ich skeptisch werden und ich habe Europa erst ein Mal verlassen und da war ich 8. Gerade als sie das eigentliche Stadtzentrum zu verlassen scheinen, wirkt unser Held doch reichlich naiv und besonders für einen, der international erfahren ist.
Insgesamt also durchwachsen, mit netten Ansichten, aber ein paar Schwächen und irgendwie kann ich mir nicht helfen, dass ich weder die Perspektive, noch den Storywandel mag.