Daniel Guerin - Anarchismus. Begriff und Praxis (1965)
Die Geschichte der anarchistischen Bewegung.
War ziemlich interessant, obwohl ich das meiste schon wusste. Anfangs ging der Anarchismus Hand in Hand mit dem Kommunismus und dem Sozialismus, aber die Wege mussten sich unvermeidbar trennen, weil der erstere jede Art von Regierung ablehnte, was die letzteren beiden nicht taten. Mehrere der "Gründerväter" (darunter auch Bakunin) hatten gewarnt, dass daraus schließlich eine Diktatur entstehen würde.
Hier sollte man aber auch bedenken, dass es viele Arten von Anarchisten gibt. Die sind sich keinesfalls alle einig, wie eine ideale (oder "richtige") Form von Anarchie aussehen sollte.
Ambrose Bierce - Gesammelte Werke
In diesem Buch sind diverse Erzählungen, Gedichte, Fabeln und Essays von Bierce gesammelt.
Viele Seiner Erzählungen drehen sich um den amerikanischen Bürgerkrieg, in dem er (auf der Seite der Nordstaaten) freiwillig gedient hat. Es geht um Tapferkeit und Verrat, Helden und Deserteure. Seine militärische Prägung merkt man auch daran, dass einige Geschichten mit dem Namen und dem Dienstgrad der Hauptfigur beginnen. Eine paar davon kannte ich schon (z.B. die mit der Brücke), die meisten aber nicht. Entgegen meinen Erwartungen kommen nur selten wirklich übernatürliche Elemente darin vor; häufiger ist es eher eine "Fügung des Schicksals". Sein oft ironischer Schreibstil lässt sich gut lesen.
"Stärker als Moxon" dürfte die älteste Geschichte über Künstliche Intelligenz sein. Natürlich gibt es hier keine Computer, aber einen Schachautomaten, der ein Eigenleben entwickelt und böse wird.
John Marks - Der Vampir
Eine Reporterin fährt nach Rumänien, um einen mysteriösen Mafioso zu treffen. Keine gute Idee.
Hat einige Anspielungen auf Dracula und erinnert auch an "Interview mit einem Vampir", zieht aber im Vergleich den Kürzeren. Die Ideen, die nicht von Genreklassikern übernommen wurden, fand ich nicht überzeugend, dafür teilweise klischeehaft und etwas konfus. Besonders gut geschrieben ist es auch nicht. Es gibt ein paar interessante Ansätze, aber unter dem Strich war ich alles andere als begeistert.
Anthony Burgess - Tremor
Eine Parodie auf den Spionage-Roman vom Autor von "Uhrwerk Orange". Hier wird der Kalte Krieg thematisiert.
Ziemlich kurzweilig und unterhaltsam. Der Erzählstil ist stellenweise experimentell, aber nicht so extrem wie in Uhrwerk Orange. Das Ende wirkte etwas dahingeklatscht, als hätte der Autor die Lust verloren.
Eine andere Sache, die mir ein wenig missfallen hat, war die hier vertretene Meinung, dass es nichts Schlimmeres als Neutralität gibt. Ich sehe es nämlich anders. Die aggressive Seite zu unterstützen ist in meinen Augen schlimmer, als sich aus einem Konflikt herauszuhalten. Wobei ich kaum einschätzen kann, welche Seite im Kalten Krieg die aggressivere gewesen war. Ein Grund mehr, neutral zu bleiben. Die Verteufelung der Neutralität erinnert mich zu sehr an die in sämtlichen Diktaturen geltende Regel: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.
(Im aktuellen "Zweiten Kalten Krieg" ist es schon eindeutiger und deswegen bin ich in diesem Fall nicht neutral. Aber das nur am Rande.)
Da dieses Buch aber (anscheinend nicht allzu ernst gemeint ist, hat mich diese Haltung nicht so sehr gestört.
Oleg Postnow - Angst
Ein gotisch angehauchter Roman über einem Mann, der als Kind mit einer Hexe "verheiratet" wurde. Es spielt in der Ukraine (bis zum Zerfall der UdSSR) und später in den USA.
Kann man sich als eine Mischung aus Gogol und Nabokov vorstellen. Es ist sehr gut geschrieben und hat eine recht dichte Atmosphäre. Für meinen Geschmack hat der Autor zu viele Klassiker zitiert (um eine Situation zu beschreiben, heißt es bei ihm manchmal: "wie Nabokovs Pnin", oder "wie bei Poe" oder "wie bei Dostojewski" etc.) - da ging wohl der Philologe in ihm durch.