Kann es nicht auch sein, dass die gesellschaftlichen Entwicklungen den Leuten durchaus bewusst sind, aber ein partieller Eskapismus durch Filmkonsum ein Mechanismus ist, einfach mal auch an etwas anderes denken zu dürfen?
Ich arbeite in der stationären Jugendhilfe. Jeder und sein Großvater empfiehlt mir Filme wie "Systemsprenger" zu schauen. Sag ich: Nur wenn ich mir dafür Stunden aufschreiben kann. Ich hab genau sowas jeden verdammten Dienst. Es ist für mich nichts neues. Ich bin damit nicht die Zielgruppe. Bin ich deswegen ein Nazi, weil ich mich diesem Problemthema nicht auch noch in der Freizeit widmen möchte?
Finde ich super, dass du im Sozialen Bereich unterwegs bist. Du machst wenigstens Etwas, dass sinnvoller ist als die erschlagende Mehrheit an Jobs da draußen
Ich fand das Wim Wenders Zitat ganz passend; denn es gibt keine unpolitischen Filme. Auch die Filmindustrie findet ja nicht im luftleeren Raum statt... Worum es mir geht ist, dass die Filmindustrie kaum noch Kreatives liefert.
Man kann ja auch im Blockbuster-Bereich neue Wege gehen. Aber natürlich wird auch hier viel mehr auf Sicherheit gesetzt. Im Prinzip ist Hollywood seit 2000 zur Systemgastronomie mutiert. Was einmal funktioniert hat, wird ausgebaut.
Auch wenn Leute wie Nolan (aller Kritik zum Trotz) immer mal wieder zeigen, dass auch neue, frische Ideen auch am Box Office funktionieren können, bleibt es dir Ausnahme.
Ich hab auch neulich einen Artikel gelesen, dass die Medium-Movies (Filme mit 15-50 Mio $ Budget) bei den Studios kaum noch finanziert werden, weil mir großen Budgets mehr Leute in die Kinos gelockt werden können (Zielgruppe ist fast immer PG12).
Natürlich könnte sich auch das Publikum dagegen entscheiden und einfach nicht mehr in den 132. Comic-Blockbuster gehen. Oder Star Wars. Oder Indy... Oder oder oder
Man zergeht sich in Sentimentalitäten, weil "früher doch alles iwie besser" wahr. Deswegen sehe ich da Parallelen zur rechtsextremen Ideolgie, die ja auch "die guten alten Zeiten" zurückfordern. Und das meine ich mir Krisenverarbeitung:
Wenn schon draußen alles brennt, soll doch bitte im Kino heile Welt herrschen.
Und ich finde das halt unglaublich schade. Sowas wie Der Pate wird einfach nicht mehr gedreht bzw. erreicht ja auch die Leute gar nicht mehr. Kino hat da viel an politischer Bedeutung verloren, weil man sich nur noch ins simple s/w-Denken flüchtet und banale und schon zig Mal gehörte "Heldengeschichten" immer und immer wieder erzählt.
Man könnte heulen wenn man sich überlegt, was da an Potential verschenkt wird...