Zuletzt gelesenes oder gehörtes Buch

Puni

Well-Known Member
Rocko Schamoni - Grosse Freiheit

Ist ein semi-biographischer Roman über Wolli - ein recht belesener junger Mann, der aus der DDR über Umwege im Hamburg der 60er strandet und sich dort mit der Zeit als kunstinteressierter, seltsamer und fast schon liebevoller Zuhälter etabliert.
Hat mir wirklich sehr gut gefallen. Schamoni hält sich mit seinem Humor dezent zurück und schildert relativ nüchtern, aber, ähnlich wie ein Heinz Strunk mit toller Beobachtungsgabe das Kieztreiben auf St. Pauli. Dabei ist er nie verurteilend oder wertend, sondern gibt seinen Figuren selbst in dem doch recht kurzen Roman erstaunlicherweise viel Platz für Tiefe. Neben "Sternstunden der Bedeutungslosigkeit" wohl bisher Rockos bester Roman.

Robert McCammon - Boy's Life - Auf der Suche nach einem Mörder

Teilweise recht episodenhaft schildert McCammon hier das Aufwachsen eines Jungen in einem beschaulichen Örtchen irgendwo im Süden der USA. Der Roman ist dabei - jedenfalls gefühlt - autobiographisch, teilweise Meta (man denke nur an den bescheuerten deutschen Titel :biggrin: ) mit vielen Themen des Zeitgeists wie Rassismus, Mackertum und Gewalt in der Jugend, hat aber gleichzeitig auch einige Elemente des Phantastischen, was wirklich toll und sogar irgendwie glaubwürdig in den Roman eingewoben wird. Die Coming of Age Geschichte fühlt sich dabei wie ein Zeitdokument an, das sich vom Umfang her schon wie ein kleines Epos liest. Ich jedenfalls war sehr angetan von dieser seltsamen, aber dennoch authentisch anmutenden Geschichte, die so viele Charaktere hat, dabei aber nie überladen wirkt und sich recht intensiv mit "Problemen" des Erwachsenwerdens auseinander setzt. Wenn man den Film "Stand by Me" oder die Schauplätze der Werke von Stephen King mag, dann sollte man hier auch unbedingt mal reinlesen.

Neil Gaiman - American Gods

Puh. Ich hab die erste Staffel der Serie nie beendet, aber der seltsame, düstere Vibe der Serie will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Und der Roman fühlt sich ähnlich an. Allgemein ist die ganze Idee spannend und kreativ und man wird mit so vielen kleinen Nebenplots zugeschissen, die aber trotzdem immer noch Spaß machen (und die die Serie in meiner Erinnerung auch sehr gut umgesetzt hat). Das war wirklich ein seltsamer, spannender Ritt und umso gespannter bin ich jetzt auf die Serie.
 
Zuletzt bearbeitet:

Etom

Well-Known Member
Die Felix Castor Buchreihe von Mike Carey. Ich bin kein allzu großer Leser und neben Neverwhere von Neil Gaiman sind das die einzigen Bücher, die ich zwei Mal gelesen habe.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es in Zukunft eine dritte Runde geben.

Entdeckt habe ich die Bücher vor vielen Jahren, nachdem ich Hellblazer Comics von Carey gelesen habe.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Edward Harold Visiak - Medusa

Ein klassischer Horrorroman von 1929, der sich auf dem Meer abspielt. Atmosphärisch und gut geschrieben, hat mir gefallen.

Bram Stoker - Schöpfer der Schatten

Die Erzählungen des Dracula-Schöpfers sind recht vielfältig. Manche sind eher für Jugendliche und voll mit christlichen Moralpredigten Da können schon mal Engel vorkommen und die Gebete erweisen sich als hilfreich. Anderen Geschichten sind aber gänzlich anders - besonders "Die Zerschmetterer" mit sadistischem schwarzen Humor. Das Buch ist vor allem für diejenigen zu empfehlen, die sich fürdie Entwicklung des Horrorgenres interessieren.

Rudy Rucker - Software/Wetware/Freeware/Realware

Eine epische Cyberpunk-Reihe, die in den 1980ern startete und das Genre mitprägte. Der erste Teil war sehr gut, der zweite noch besser, der dritte und der vierte waren etwas schwächer, aber immer noch gut.

Ian McGuire - Nordwasser

Es geht um einen Mann, der mitte des 19. Jahrhunderts als Schiffsarzt auf einem Walfängerschiff anheuert und dabei die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele miterlebt.
Natürlich muss man bei dieser Geschichte auch an Melvilles "Moby Dick" denken, aber auch an die Überlebenskampf-Geschichten von Jack London. Es liest sich fast so, als hätte es Cormac McCarthy verfasst - stark geschrieben und mit einer harten, trostlosen Grundstimmung. Es ist also kein Abenteuerroman, sondern eher ein brutaler Hardboiled-Seefahrer-Survival-Psychothriller (oder so ähnlich).
Ein großartiges, mitreißendes Buch.

Als Sachbuch habe ich u.a. "Der symbolische Tausch und der Tod" von Jean Baudrillard (von 1976) gelesen. Der Autor befasst sich hier mit Themen, mit denen sich sonst kaum ein Soziologe oder Philosoph beschäftigt - z.B. Graffitti, Mode usw. Der Abschnitt über Graffiti erschien auch separat unter dem Titel "Kool Killer".
Fand ich alles in allem sehr interessant.
 

Puni

Well-Known Member
@Tyler Durden

Nordwasser ist wirklich fantastisch. Der Roman, obwohl letztes Jahr gelesen, beschäftigt mich hier und da immer noch. Nur an die Serie trau ich mich nicht, die wirkt auf den ersten Blick zu geleckt für dieses düstere, brutale und sich dabei stets realistisch anfühlende Werk.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
@Puni: So habe ich das Buch auch empfunden.

Wenn du übrigens noch an weiteren Geschichten wie Kings "Stand by me" und McCammons "Boys Life" interessiert bist, kann ich dir noch "Leichenfresser" von Brian Keene empfehlen. Irgendwie scheint fast jeder Horrorautor früher oder später so ein Buch geschrieben zu haben (vermutlich weil jeder eine Kindheit hatte). Im Original heißt das Buch "Ghoul", ist also Monsterhorror und kein Psychohorror.
Von Dan Simmons gibt es auch so eines: "Sommer der Nacht". Ist auch ganz gut.

American Gods ist für mich Neal Gaimans bestes Buch bisher. Wobei ich ein paar von den neueren noch nicht gelesen habe.
Wie war noch die Szene mit dem sprechenden Raben?
"Sag Nevermore."
"Fick dich."
:biggrin:
 

Bambi

hat verrückte Rehkitzideen
Dave Grohl - Der Storytelller.
Fing gut an und wusste auch zu unterhalten. Dachte mir schon vorm lesen das er wohl ne coole Socke ist. Eben ein Storyteller Abgerundet wird das Buch übrigens von div Fotos und Postkarten.. Aber 2 kleine Kritkpunkte. Der gute springt zeitlich ziemlich hin und her und zum Ende hin wird es eher ein "Namedropping"
 

MamoChan

Well-Known Member
Stephen King - Der dunkle Turm Band 7 "Der Turm"

Hm, ja. Der Weg ist das Ziel. Vermutlich habe ich genauso lange gebraucht, die Reihe zu lesen, wie Stephen King, sie zu schreiben. Ich fing mit etwa 14 Jahren mit Band 1 an, fand ihn langweilig und brach das ganze ab. So 10 bis 12 Jahre später startete ich einen weiteren Versuch. Band 1 fand ich noch immer etwas zäh, aber Band 2 und 3 fand ich großartig. Die folgenden Bände zogen sich imer etwas, da mir stets etwas dazwischenkam. Gestern habe ich nun die letzte Seite von Band 7 gelesen. Viele Dinge kamen zu einem Abschluss, einige Dinge haben mich ziemlich mitgenommen, einige Dinge fand ich etwas seltsam, beispielsweise, dass Stephen King sich selbst als Charakter in die Handlung eingebaut, und reale und fiktionale Ereignisse miteinander verwoben hat. Es las sich durchaus ganz gut und war spannend, aber eben auch "seltsam"
Das Ende des Buches war seltsam, aber immerhin darf ich mich nicht beschweren, da man als Leser ja auch gewarnt wurde. Es war seltsam, nicht schlecht, aber dennoch anders, als ich es erwartet hatte.
Vielleicht gucke ich mir doch noch irgendwann mal den Film an. Einfach nur mal so.
 

Puni

Well-Known Member
Den dunklen Turm schieb ich auch seit Ewigkeiten vor mir her. Vielleicht sollte ich mich jetzt am Wochenende nochmal ranmachen, bin aber noch ganz jungfräulich bei Band 1. :biggrin:
 

Presko

Don Quijote des Forums
Sally Rooney: Schöne Neue Welt
Das Buch handelt von der erfolgreichen Schriftstellerin Alice, die nach einem längeren Psychiatrieaufenthalt wieder ihre Arbeit aufnimmt und Felix trifft. Zwischen den beiden entspinnt sich eine komische Beziehung irgendwo zwischen Freundschaft und mehr.
Dann ist da noch Alice' beste Freundin Eileen, mit der sie einen ausschweifenden E-Mail-Kontakt pflegt, in welchem sie über das Leben und die Welt, und was da alles falsch läuft, philosophieren. Eileen hat eine schmerzliche Trennung hinter sich und fängt eine Affäre mit Simon an, einem Jugendfreund von ihr und Alice.

Das ist etwa die Ausgangslage der irischen Bestsellerautorin Sally Rooney. Anfangs fand ich das noch recht interessant. Da werden viele Themen angerissen und spannende Perspektiven eröffnet. Doch mit der Zeit haben mich alle Figuren angefangen zu nerven. Es geht viel um ihre Beziehungen, um Sex und alles ist sehr, sehr geschwätzig. Ich habs dann etwa nach der Hälfte abgebrochen, weil ich mich richtig genervt habe.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Jean-Paul Sartre - Der Ekel

Das vermutlich bekannteste Werk des Existenzialismus hat mir gut gefallen, aber die Überlegungen wiederholen sich zum Teil und die Handlung ist sehr dünn. Trotzdem lesenwert.

Vladimir Nabokov - Sieh doch die Harlekine!

Das war sein letztes Werk (abgesehen von dem unvollendeten "Laura") und leider wieder zu selbstreflektierend und mit sich selbst beschäftigend.
Als Wortakrobat war Nabokov große Klasse, aber abgesehen von dem meisterhaften "Lolita" und dem guten "Ada" drehen sich seine Bücher zu sehr um ihn selbst. Werde die restlichen Sachen aber auch noch lesen, da ich sie sowieso schon besitze.

Robert Sheckley - Kaliber 50

Ein spannender und gut geschriebener Politkrimi aus den 1950er Jahren. War der erste Teil einer Reihe; die anderen will ich auch lesen.

Carlton Mellick III - Jedes Mal, wenn wir uns in der Eisdiele treffen, explodiert dein verdammtes Gesicht

Im Grunde ist es eine Highschool-Liebesgeschichte über zwei Teenager, die beide Außenseiter sind. Nur eben von der schrägen Art, wie sie nur von Mellick stammen kann.
Sehr unterhaltsam, kurzweilig, einfallsreich und gut geschrieben.

Witold Gombrovicz - Bacacay

Diese surreale Kurzgeschichten des polnischen Autors stammen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und haben mir sehr gefallen. Sehr außergewöhnlich, ein bisschen kafkaesk, faszinierend.

Jetzt lese ich "Vom Außgelaßnen Wütigen Teufelsheer" von Jean Bodin, ein theologisches Werk aus dem 16. Jahrhundert über Hexerei, Satanismus etc.
Interessant zu sehen, mit welcher Ernsthaftigkeit ein Theologe, ein (für damalige Verhältnisse) gebildeter Mann an solche Themen herangeht, als wäre es eine exakte Wissenschaft mit Kategorisierungen, absurden Vergleichen, lächerlichen "Beweisen" und voller Widersprüche. Denn während er manche Aberglauben als bewiesene Tatsache darstellt (z.B. dass die bei einer Sonnenfinsternis geborenen Kinder gleich nach der Geburt sterben, oder dass man durch das Binden von Knoten in einen Faden einen Mann oder eine Frau unfruchtbar und/oder impotent machen kann), während er andere Aberglauben als lächerlich bezeichnet. Manche Äußerungen sind auch ein bisschen hart. Als er von einer schwerkranken Frau erzählt, die unter schlimmen Schmerzen litt und von einer "Hexe" mithilfe eines Tranks geheilt wurde, da meint er, dass es besser gewesen wäre, wenn sie tausend qualvolle Tode gestorben wäre, anstatt sich darauf einzulassen. Und Mitgefühl ist nicht so wichtig wie das genaue Befolgen von Gottes Willen. Und so weiter und so fort...
Mir ist schon klar, dass man damals nicht so aufgeklärt war etc. Aber dieses Buch beweist mir nur ein weiteres Mal, dass Religion die Menschen keinesfalls friedlicher oder gutmütiger macht, sondern oft eher das Gegenteil bewirkt. Sobald sich jemand erfolgreich eingeredet hat, dass sein Handeln im Einklang mit Gott steht, begeht er nicht nur weiter Verbrechen, sondern fühlt sich auch noch gut und rechtschaffen dabei. Und es ist höchst anmaßend von den Gläubigen, zu behaupten, sie wüssten, was Gott mag oder nicht mag (wenn es denn einen gäbe).
Ich merke gerade, dass ich mich hineinsteigere, also lasse ich alle weiteren Argumente gegen Religion, von denen es reichlich gibt.
 

Presko

Don Quijote des Forums
Bonnie Garmus: Eine Frage der Chemie

Handelt von Elizabeth Zott, einer Chemikerin, die in den 1960ern mit einer eigenen Kochsendung zum TV-Star wird. Der Roman lebt stark vom eigenwilligen Charme seiner aufrechten, eigenwilligen und nicht minder entschlossenen Hauptfigur, welche sich als Frau in einer Welt durchsetzen muss, wo die gesellschaftlichen Rollen von Frauen weitestgehend auf Sachen wie auf Hausfrau und Mutter oder Sekretärin beschränkt sind. Wie sie in ihre Rolle als TV-Star hineinwächst und ihren Einfluss nutzt, um den Frauen ihrer Zeit zu mehr (Selbst-)Respekt und Selbstvertrauen zu verhelfen, ist äusserst sympathisch und liebevoll geschrieben. Dazu gibt es noch eine charmante Liebesgeschichte; ein altkluges Kind sowie einen Selbstgespräche führenden Hund.
Alles schnörkellos geschrieben und erzählt. Beeindruckend, da es sich hierbei um das Romandebut von Garmus handelt. Ein bisschen, so könnte man dem Buch vorwerfen, wirkt das alles nach Rezeptbuch. Spannungsbogen, Konflikte, Dramaturgie, Wendungen, - als hätte sich Garmus da streng an den Leitfaden "Wie schreibe ich einen Bestseller" gehalten. Aber, wenn das Ergebnis stimmt, why not. Mein grösster Kritikpunkt sind die Antagonisten. Die sind dann meist schon sehr plump und eindimensional (niederträchtig, egoistisch) geschrieben.

Die tragikomische Geschichte von Elizabeth Zott liest oder hört sich wunderbar leicht und unterhaltsam. Ein rundes Ding. Apple hat sich die Rechte bereits geschnappt. 2023 soll die Serie mit Brie Larson on air gehen.

 

Presko

Don Quijote des Forums
Heinz Strunk: Ein Sommer in Niendorf
Hab mit dem Hörbuch angefangen und hab es gleich wieder recht schnell abgebrochen. MIt Heinz Strunk als Sprecher konnte ich mich so gar nicht anfreunden.

Jane Gardam: Mädchen auf den Felsen
Fast nochmal der gleiche Fall. Die Sprecherin war grundsätzlich schon gut. Aber zwei (Haupt-)Figuren sprach sie in einer so penetrant nervigen Stimme, das habe ich einfach nicht ertragen.

Claudia Schumacher: Liebe ist Gewaltig
Das kann ich bisher problemlos hören :clap: Es geht um eine junge Frau, in glaube ich, drei Lebensstationen. Es fängt an, da ist sie noch eine Jugendliche, die eben aus einer Kur kommt. Wie sich herausstellt lebt sie in einem kaputten Elternhaus mit einem gewalttätigen Vater, einer Mutter, die alles herunterspielt und zwei Brüdern. Das Mädchen selbst ist Gamerin und Mathematiknerd und fängt selbst an mit Aggression ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Später ist sie als junge Erwachsene erfolgreiche Counter-Strike-Spielerin und promoviert in mathematischer Logik (logischer Mathematik? I don't know) und scheitert in ihrem Beziehungsleben. Der Roman wird aus der Ich-Form erzählt. Sehr flott, sehr sarkastisch-teilweise zynisch. Was mir besonders gefällt, ist diese ständige Verunsicherung, was wahr ist oder nicht. Übertreibt sie in ihren Erzählungen was vorgefallen ist? Oder sagt sie die Wahrheit? Es wird nie ganz klar, da ihre Mutter und ihr Vater insbesondere immer so tun, als habe sie das alles bloss erfunden oder würde zumindest alles extrem übertreiben. Dieses Gefühl kam mir sehr bekannt vor, weswegen der Roman in diesem Aspekt bei mir stark anklingt.
Aber auch sonst, wirklich sehr gut geschrieben. Die Figuren sind stark gezeichnet. Ich bin noch nicht durch, aber würde schon jetzt mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass das ein starkes Ding ist.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Jeff Noon - Alice im Automatenland

Eine Quasi-Fortsetzung der Bücher von Lewis Carroll, geschrieben von einem (sehr guten) Cyberpunk-Autor.
Ist schon ziemlich unterhaltsam, aber ich hatte mir mehr davon versprochen. So nett die Meta-Ebene und all die Einfälle auch sein mögen, hat es mir bei weitem nicht so gut gefallen wie die Original-Bücher von Carroll oder die anderen Bücher von Noon.

Bram Stocker - Das Begräbnis der Ratten

Diese Kurzgeschichten des Dracula-Autors fand ich besser als Band 1 (Schöpfer der Schatten). Eine von den Storys handelt auch von Dracula ("Draculas Gast"), aber "Das Begräbnis der Ratten" und die schwarzhumorige "Das Verschwinden des alten Hoggen" gefielen mir noch besser aus dieser Sammlung.

Thomas Bernhard - Das Kalkwerk

Das Buch handelt von einem alten Mann namens Konrad, der ohne einen ersichtlichen Grund seine Frau erschoss.
Wieder ein stilistisches Meisterwerk des österreichischen Schriftstellers, trostlos und skurril.

Roger Zelazny - Die Hirnspirale

Ein Science-Fiction-Thriller aus den 1980er Jahren, in dem es um einen Mann mit falschen Erinnerungen geht. Nach und nach findet er immer mehr über seine wahre Identität und seine besondere Fähigkeiten heraus, womit er sich aber in eine gefährliche Situation bringt.
Das Buch ist wirklich spannend und mit vielen originellen Ideen. Lässt sich flott lesen, ohne platt zu sein.

Bret Easton Ellis - Weiss

Mit dieser Mischung aus Autobiografie und Publizistik hat mich der American-Psycho-Autor ein wenig zum Nachdenken gebracht. Die Entstehungsgeschichten seiner Romane fand ich sehr interssant, insbesondere die von American Psycho. Es gibt auch einige schöne Anekdoten über seine Begegnungen mit verschiedenen Filmemachern und Schauspielern (in den 80ern lebte er im gleichen Hochhaus wie Tom Cruise und begegnete ihm manchmal im Fahrstuhl, was auch als eine kleine Episode im American Psycho vorkommt), mit denen er im Laufe der Zeit beruflich oder privat zu tun hatte.
Die andere Seite des Buches ist eine (recht sachliche) Abrechnung mit der Heuchelei und der vermeintlichen "Wokeness" in Hollywood, in den sozialen Medien und in der Gesellschaft im Allgemeinen. Manchen Sachen konnte ich zustimmen, anderen nicht, aber um es mal salopp mit einem Satz zu beschreiben, den ich frei aus dem Kopf zitiere: "Ich war ein Liberaler, als es noch um den Kampf für Freiheiten ging, aber ich will damit nichts mehr zu tun haben, seit es sich zu einer autoritären und intoleranten Bewegung entwickelt hat." Ellis ist kein politischer Typ und hängt auch keiner Partei an; vielmehr geht es ihm darum, dass die Menschen zunehmend das Diskutieren verlernen und zu schnell mit Hasskommentaren reagieren oder für Verbote und Zensuren von Meinungen kämpfen.
Obwohl ich, wie gesagt, keinesfalls immer seiner Meinung bin, würde ich das Buch trotzdem jedem empfehlen.
 

Presko

Don Quijote des Forums
Liebe ist gewaltig von Claudia Schumacher
Bin nun durch und kann endlich ein Fazit ziehen.
Der Roman folgt mehreren Lebensphasen seiner Protagonistin Juli. Als Tochter eines gewalttätigen Vaters kämpft Juli mit den ihr zugefügten Wunden und unter dem Schweigen betreffend der Tätlichkeiten ihres Vaters in der eigenen Familie.
Anfangs begegnen wir Juli als Jugendliche, die sich in einer Therapieeinrichtung befindet, später befindet sie sich mitten in ihrer Promotion und verdient ihr Geld als professionelle Counter-Strike-Spielerin. Sie verliebt sich in in die charismatische Engländerin Sanyo, doch auch diese Beziehung hält ihren inneren Dämonen nicht stand. Schliesslich trifft Juli auf den neureichen, oberflächlichen Tilo und mit ihm zusammen versucht sich, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen, indem sie es sich in einem luxuriösen Vorzeigeleben gemütlich einrichtet und die Vergangenheit leugnet.

Claudia Schumachers Roman ist weit von einer sentimentalen Opfergeschichte entfernt. Juli ist eine Erzählerin, die mit beissender Ironie zornig voranschreitet und ihre Eltern immer wieder damit konfrontiert, was sie ihr angetan haben. Mit zunehemendem Fortschreiten der Geschichte ist es dann auch weniger die eigentliche körperliche Gewalt, die ihr der Vater angetan hat, die Juli niederringen, sondern das standhafte Leugnen derselben. Der Roman zeigt eindrücklich, wie die Verletzungen eine Biografie prägen und wie schwer es insbesondere dann ist, wenn diese in der eigenen Familie stattgefunden haben.

Gerade auch sprachlich ein sehr beeindruckendes Debüt, das mir eigentlich durch die Bank sehr gut gefallen hat.
 

Puni

Well-Known Member
Hab mich dank einer Freundin mal etwas mehr mit deutscher Literatur beschäftigt:

Der Russe ist einer, der Birken liebt - Olga Grjasnowa
Geht um eine jüdische Frau russisch-aserbaidschanischer Herkunft, die Anfang der 90er in Folge des Bergkarabach-Konflikts mit ihren Eltern aus Aserbaidschan nach Deutschland flieht. Dort wird sie Übersetzerin und erlebt beziehungsbedingt das nächste Trauma.

"Der Russe ist einer, der Birken liebt" ist ein sehr düsterer Roman bei dem es Grjasnowa wirklich sehr eindringlich gelingt, das Innenleben der Protagonistin Mascha, aber auch Rassismus, Antisemitismus sowie die Suche nach der eigenen Identität darzustellen. Dabei ist Mascha nicht wirklich sympathisch, was der Geschichte aber überhaupt nicht schadet. Viel mehr wird ihr Verhalten sowie das ganze Asylthema sehr nachvollziehbar dargestellt, dass mich die Geschichte - obwohl sie einen doch stark runterzieht - sehr in ihren Bann gezogen hat. Tolle deutsche Gegenwartsliteratur, und ich bin sehr neugierig auf Grjasnowas andere Romane.

Allegro Pastell - Leif Randt
Eine Art Liebesgeschichte von Tanja und Jerome, zwei Anfang 30er die eine Fernbeziehung führen. Tanja wohnt in Berlin und hat gerade ihren mehr oder weniger gefeierten Debütroman veröffentlicht, während Jerome selbstständiger Webentwickler in Frankfurt ist.

Der Roman fängt recht normal an, wird aber immer absurder, sobald man mal dahinter gestiegen ist, wie bekloppt die beiden Protagonisten eigentlich sind. :biggrin: Beide überschätzen sich maßlos und leben in ihrer eigenen Millenialbubble und Randt gelingt es wirklich fantastisch, diese seltsame Affektiertheit der beiden darzustellen. Dabei sind Tanja und Jerome nicht einmal sonderlich unsympathisch, manche Gedanken kennt man von sich selber, und dennoch zeichnet sich hier ein wirklich toll charakterisiertes Generationenportrait zweier hedonistischer, "verlorener" Menschen. Sicher nichts für jedermann und teilweise ist die Intention des Autors schwer zu fassen, aber mir hat Allegro Pastell echt gut gefallen.

Kleiner Mann, was nun? - Hans Fallada
Roman über einen jungen Mann und seine schwangere Freundin Ende der Weimarer Republik. Damals in zensierter Form wegen der Nazis veröffentlicht, steht nun seit einiger Zeit die ungekürzte Fassung von Fallada zur Verfügung.
Die Zeit der WR wird hier wirklich sehr "toll" beschrieben. Jeder in dieser Gesellschaft ist sich selbst der nächste, und unsere beiden Hauptfiguren müssen sich in dieser kalten, von Weltwirtschaftskrise und politischen Strömungen definierten Welt behaupten. Dabei schreibt Fallada seltsam modern und kurzweilig, wodurch "Kleiner Mann, was nun?" zu einem starken, gut zu lesenden Zeitportrait wird.

@Presko
Hab mir auch mal das Hörbuch zu "Eine Frage der Chemie" geholt, gefällt mir bisher echt ganz gut. Ein bisschen kitschig hier und da vielleicht, aber einfach eine schöne Geschichte über Frauenrollen in den 50ern. :thumbsup:
 

Presko

Don Quijote des Forums
@Presko
Hab mir auch mal das Hörbuch zu "Eine Frage der Chemie" geholt, gefällt mir bisher echt ganz gut. Ein bisschen kitschig hier und da vielleicht, aber einfach eine schöne Geschichte über Frauenrollen in den 50ern. :thumbsup:
Absolut. Nenschöne Feel-Good-Geschichte mit sympathischer Hauptfigur.
 

Puni

Well-Known Member
Joe R. Lansdale - Die Wälder am Fluss
Geht um eine Familie - wie soll es anders sein, in einem Dorf in Texas - die in den 1930ern in eine Mordserie hineingezogen werden. Erzählt wird die Geschichte aus Augen des Sohnes, der die Tat auf eigene Faust aufklären will.

Ich mag Lansdale. Seine Geschichten sind nicht unbedingt originell, dafür leben sie doch immer von ihren Charakteren und der ganzen Atmosphäre der Südstaaten zwischen KKK, "Rassentrennung" und Gewalt. Lansdale beschreibt hierbei seine Charaktere aber auch die ganze Umgebung sehr gelungen und lebendig und kurzweilig, dass man das Gefühl hat, direkt vor Ort zu sein. Zwar sind die Geschichten selten sehr überraschend und auch bei Die Wälder am Fluss, ein charismatisches Whodunit erzählt aus Kinderaugen, die trotzdem schreckliches beobachten müssen, kam ich zwar schnell dahinter, was hinter der ganzen Geschichte steckt, aber das tat der Unterhaltung - trotz der fiesen Themen - überhaupt keinen Abbruch. Und auch wenn es vielleicht komisch klingt, aber seine Geschichten sorgen bei mir oft für eine Art von Entspannung, da sie ein so entspanntes, aber nie langweiliges Tempo haben und es meist am Ende doch trotzdem nie so wirklich böse ausgeht.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Lansdale mag ich sehr. Ich finde seine Bücher immer spannend aber er ist vor allem ein genialer Beobachter von Land und Leuten.
Am 22.11. erscheint übrigens seit langer Zeit mal wieder ein neuerer Roman von im auf deutsch. "Moon Lake".
 

Puni

Well-Known Member
Glaub das gönn ich mir mal als Hardcover, um ihn zu unterstützen. Dachte durch Hap & Leonard hätte er eigentlich einen kleinen Hype gehabt aber die Bewertungsanzahl auf Goodreads lässt vermuten, dass Lansdale immer noch ziemliche Nische ist.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Länder am Fluss ist bisher der einzige Lansdale Roman den ich gelesen habe. Muss noch unbedingt ein paar nachholen.

Edit: Gerade Inspektor Takeda und die Toten von Altona beendet. Hat mir besser gefallen als Der leise Tod. Auf jeden Fall mit Takeda eine sehr interessante Figur, die in Deutschland agiert.
 
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