Zuletzt gelesenes oder gehörtes Buch

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Ist gelungene Krimi-Unterhaltung. Japanischer Kommissar kommt zur Mordkommission in Hamburg und löst Mordfälle. Interessant daran ist für mich aber mehr der kulturelle Unterschied und wie er aufbereitet wird. Auf der einen Seite natürlich die japanische Seite, aber auf der anderen Seite auch die deutsche Seite. Durch Takedas Blickwinkel bekommt man noch einmal eine andere Facette präsentiert. Das ist wirklich gelungen und regt zum Nachdenken an. Der Mordfall an sich ist einfach „nur“ solide, weiß aber als Rahmenhandlung zu gefallen.
 

Puni

Well-Known Member
@Cimmerier

Ich kann dir von Lansdale den Roman "Kahlschlag" sehr ans Herz legen. Die Protagonistin ist toll, es geht sofort los und auch hier fühlen sich Charaktere und Umgebung wieder sehr greifbar und lebendig an. Sogar meine Schwester (gewöhnliche Prime Reading Groschenromanleserin), der ich oft Romane mit starken Frauenrollen ans Herz lege, war ziemlich angetan.
Aber davon ab haben sich für mich, ähnlich wie bei einem Winslow, alle Romane von ihm mehr oder weniger gelohnt. :love:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Lansdale ist wirklich sehr empfehlenswert. "Ein dunkler feiner Riss", "Die Wälder am Fluss" und "Das Dickicht" haben mir bisher am meisten gefallen, Kahlschlag fand ich eher mittelmäßig.
"Moon Lake" wird wahrscheinlich sowieso nur als Gebundene Ausgabe erscheinen (und zusätzlich gibt es eine signierte und limitierte Sammlerausgabe), da würde ich nicht auf das Taschenbuch warten.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Alexander Lernet-Holenia - Ein Traum in Rot

Ein Klassiker der unheimlichen Literatur über einen Mann mit hellseherischen Fähigkeiten und über russische Adelige, die nach der Revolution in den Westen geflohen sind.
Hat mir gut gefallen. Gut geschrieben, atmosphärisch und relativ spannend aufgebaut.

Graham Greene - Heirate nie in Monte Carlo

Ein unterhaltsamer Kurzroman über ein Paar, das vom Vorgesetzten des Mannes nach Monte Carlo eingeladen wird, damit sie dort heiraten können. Dabei erleben sie allerlei Abenteuer.
Das Buch lässt sich gewohnt flüssig lesen und hat mich öfter zum Schmunzeln gebracht. Ist jetzt kein Meisterwerk, aber schon ein nettes Ding für zwischendurch.

Richard Gavin - Uraltes Holz

Es sind nur drei Geschichten (wobei zwei von ihnen schon fast Novellen sind), die in dem Buch enthalten sind. Feinste Weird Fiction, die mich sehr beeindruckt hat. Tolle Atmosphäre, schöner Schreibstil, sehr gute Ideen. Erschienen ist das Ganze beim ziemlich jungen Wandler Verlag, den ich erst vor kurzem entdeckt habe und der bisher schon einige nahmhafte Genre-Autoren veröffentlicht hat (z.B. Jeffrey Thomas, T.E.D. Klein, F. Paul Wilson, Jeff VanderMeer). Bin gespannt, was sie in Zukunft noch alles bringen.
Jedenfalls ist das Buch sehr empfehlenswert.

Bernd Mattheus - Georges Bataille. Eine Thanatographie

Diese umfangreiche "Thanatographie" in drei Bänden ist sowohl eine Biografie als auch eine gründliche Analyse der Philosophie von Georges Bataille (wobei er sich selbst nicht als Philosoph sah).
Da ich einige seiner Texte schon gelesen habe, waren mir seine Grundthemen (Souveränität, Eros und Thanatos, Verausgabung, Opferung, Potlatsch) bekannt, aber Mattheus fasst das Ganze gut zusammen - wenn man bei diesem Umfang von einer Zusammenfassung sprechen kann - und zeichnet auch nachvollziehbar die Entwicklung von Bataille als Schriftsteller und als "Anti-Philosoph" nach.
Sein zwiespältiges Verhältnis zur Surrealisten-Gruppe um Andre Breton, seine prägendsten Erlebnisse und Einflüsse, seine verschiedenen Zeitungsprojekte. Zitiert werden sowohl Teile seiner Essays als auch Briefwechsel und die Aussagen seiner Freunde und Bekannten. Im Anhang gibt es auch zwei Interviews.
Das Ganze ist schon sehr interessant und informativ, wenn auch stellenweise anstrengend zu lesen. Es ist nicht immer leicht, Batailles Gedankengängen zu folgen, aber dank dieser Thanatologie verstehe ich jetzt etwas besser, was er gemeint hat - zumindest bilde ich mir das ein. Leider ist es unmöglich, in wenigen Sätzen das komplexe und teilweise paradoxe Gebilde seiner Philosophie zu erklären.
Ich würde sowohl seine Essays als auch sein "obszönes" Werk empfehlen, das als Ergänzung seiner Thesen gesehen werden kann. "Die Geschichte des Auges" und "Madame Edwarda" genießen einen gewissenKultstatus, und das völlig zu recht.
 

Presko

Don Quijote des Forums
Pik-Bube von Joyce Carol Oates

Der Bestsellerautor Andrew Rush veröffentlicht seit Jahrzehnten erfolgreiche Thriller und wird in seiner Arbeit sogar mit Stephen King verglichen. Inzwischen schreibt Rush auch unter einem Pseudonym. Als Pik-Bube verfasst er nämlich besonders düster-blutige Horrorthriller, die sich ebenfalls einer immer grösseren Beliebtheit erfreuen. Während Rushs Thriller unter eigenem Namen sich durch streng komponierte Plots und eine klare Moral auszeichnen, leben die Pik-Bube-Bücher von ihrer Bösartigkeit und den unberechenbaren Storyverläufen, die der Autor nie im voraus plant.
Als Rush eines Tages von einer verrückt scheinenden Dame des Plagiats bezichtigt und vor Gericht gezogen wird, gerät dessen vordergründig so ruhiges Leben immer mehr ausser Kontrolle. Nach und nach erhält der rachlüstige Pik-Bube so etwas wie ein Eigenleben und versucht den braven Andrew Rush immer stärker zu beeinflussen.

Joyce Carol Oates hat für ihren schwarzhumorigen Thriller viel Lob erhalten. Mich liess das ganze eher etwas ratlos zurück. Der Roman ist bestimmt gekonnt geschrieben und auch durchaus unterhaltsam, und an der ein oder anderen Stelle überraschend, aber der stets spöttische Ton der Autorin machte es mir schwer, mich so richtig packen zu lassen. Eine Hauptfigur, die von Beginn weg weder sympathisch noch besonders faszinierend wirkt, und deren Handeln auch oft nicht recht nachvollziehbar ist, macht die Geschichte auch nicht packender.
Für das grösste Manko: Der spannende Twist etwa zur Mitte des Romans wird, erst einmal gelüftet, nicht mehr weiter verfolgt, stattdessen versteift sich Oates auf den Dr.Jekyll/Mr.Hyde-Aspekt, der nur wenig Überraschendes zu bieten hat.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
William Gibson - Quellcode

Der zweite Teil der Bigend-Trilogie hat mir nicht so gut gefallen wie der erste (Mustererkennung), aber ich fand ihn immer noch solide. Wobei der Cyberpunk-Anteil sehr gering ist.

Jay Bonansinga - Killer-Parade

Was macht ein berüchtigter Profikiller, wenn er erfährt, dass er todkrank ist und nicht mehr lange zu leben hat? Genau, er bietet sein ganzes Vermögen als Honorar für denjenigen Killer, der ihn zuerst erledigt. Und natürlich stellt sich schon nach kurzer Zeit heraus, dass seine Diagnose nur eine Verwechslung war und er gar nicht todkrank ist. Aber der Auftrag lässt sich nicht stornieren.
Das Buch liest sich wie ein B-Movie-Actionthriller mit allerlei Explosionen, Verfolgungsjagdten und Schießereien. Die vermeintlichen Profikiller verhalten sich wie blutige Anfänger und machen dumme Fehler, bei denen man sich fragt, wie sie in dieser Branche Fuss fassen, geschweige denn überleben und eine Karriere machen konnten. Auch bedienen sie sämtliche Nationalklischees. Die obligatorische Liebesgeschichte darf auch nicht fehlen, und wenn eine schießwütige schwangere Frau keine romantische Vorstellung ist, dann weiß ich auch nicht.
Man muss die Gehirnaktivitäten schon sehr weit herunterfahren, um das Buch durchhalten zu können, aber auf seine trashige Art und Weise war es doch relativ unterhaltsam.

William Faulkner - Schall und Wahn

Ein Klassiker von 1929, den ich nicht besonders gut fand. Es geht (wie so oft) um eine Familie mit dunklen Geheimnissen, hysterischen Frauen und traditionsbewussten/konservativen Männern. Das Besondere an diesem Buch sind sein experimenteller Aufbau und Erzählstil (vor allem für damalige Zeit). Das wäre dann aber auch das Einzige, was ich an diesem Buch positiv oder interessant fand.
Besonders den dritten Abschnitt fand ich sehr unangenehm und schwer zu ertragen. Der Ich-Erzähler ist ein geldgieriger Rassist, Frauenhasser und Antisemit, der krankhaft seine Schwester überwacht.
Mit Antihelden komme ich klar, wenn die Bücher mit solchen Ich-Erzählern satirisch gemeint sind (z.B. wie in "American Psycho" oder "Drecksau"). Aber hier gab es nicht einmal einen Anflug von Ironie oder Satire. Aber auch die anderen Figuren waren nicht viel sympathischer.
Da fand ich "Das Dorf" deutlich besser.

Edward Lee - Die Romanze von Dunwich

Das Buch basiert auf Lovecrafts Erzählung "The Dunwich Horror", ist aber keine Fortsetzung, sondern spielt parallel und beleuchtet näher das Privatleben der Hauptfigur Wilbur.
Zunächst einmal klingt die Hauptfigur in seinen Tagebucheinträgen nicht mehr wie ein Gelehrter von 1928 (immerhin konnte er Latein und war belesen), sondern wie der Bewohner einer heruntergekommenen Wohnwagensiedlung aus unserer Gegenwart. Die Nebenfiguren sind (wie so oft bei Edward Lee) dauergeile Hinterwäldler, die den ganzen Tag lang nichts anderes zu tun haben, als Frauen zu vergewaltigen und diverse Körperflüssigkeiten abzusondern.
Obwohl Lovecraft andere Autoren dazu aufgerufen hatte, seinen Cthulhu-Mythos zu erweitern und neue Geschichten in seinem Universum spielen zu lassen, wäre er sicherlich entsetzt, wenn er dieses Buch hätte lesen müssen. Es passt überhaupt nicht zu seinem Konzept von kosmischem Horror, es ist voller sexueller Perversitäten und in einer vulgären Sprache geschrieben. Dazu noch ein Humor, der bei solchen Themen wie Vergewaltigung sowieso schon deplatziert wirkt, hier aber auch noch gegen die Regeln des kosmischen Horrors verstößt.
So wie ich das sehe, hat Edward Lee in diesem Buch seine übliche Masche abgezogen und nur die Figuren aus der Geschichte von Lovecraft verwendet. Das war nichts.
Es wundert mich, dass es in dieser Reihe (Lovecrafts Bibliothek des Schreckens - Limited Edition) erschienen ist. Alle anderen Bücher in dieser Reihe sind bisher auf weit höherem Niveau und passen viel besser zum kosmischen Horror.
Ich halte es auch für keine gute Idee vom Verlag, dass am Anfang dieses Buches die Originalgeschichte von Lovecraft vorangestellt wurde. Mir hat sie wieder gefallen, aber durch den direkten Vergleich merkte man noch viel mehr die stilistischen und inhaltlichen Unterschiede zur Geschichte von Edward Lee.
 
Zuletzt bearbeitet:

Presko

Don Quijote des Forums
Verity von Colleen Hoover

Help me good, was für ein Trash! Gone Girl meets Fifty Shades of Grey (ohne, dass ich letzteres gelesen oder gesehen hätte). Die Prämisse selbst ist eigentlich ganz nett. Aber das was dann auch schon.
Story: Die Autorin, Lowen Ashleigh, wird beauftragt, die Bestsellerreihe einer anderen Schriftstellerin, Verity irgendwas, fortzuführen, welche nach einem schweren Unfall selbst nicht mehr in der Lage dazu ist. Um die bisherigen Vorbereitungen und Notizen für die neuen Bücher zu studieren, reist Lowen Ashleight für einige Tage zur Familie der verunfallten Beststellerautorin. Wie sich heraus stellt, liegt Verity 24 Stunden am Tag wie im Wachkoma einfach so im Bett, voll angwiesen auf Pflege.

Schliesslich findet Lowen Ashleigh ein verstecktes Manuskript, in welchem Verity ihr bisheriges Leben aufarbeitete. Eine Biografie also. Darin erfährt sie nicht nur, wie Verity ihren Mann, zu dem sich auch Lowen Ashleigh immer mehr hingezogen fühlt, kennen lernte, sondern auch, wie deren beiden ersten Kinder ums Leben gekommen sind. Die Biografie enthüllt das Innenleben einer erschreckend kalten Person, welche ihre eigenen Kinder verabscheute und ihren Mann für sich allein haben wollte. Aufgrund dessen und aufgrund verschiedener Beobachtungen, die sie im Haus macht, wächst in Lowen Ashleigh der Verdacht, Verity könnte ihren Zustand nur vortäuschen und etwas ganz, ganz, ganz Böses im Schilde führen.

Das Ganze Storykorsett wird aufgefüllt mit vielen, vielen sehr expliziten Sexszenen. Sex spielt eine echt grosse Rolle in dem Roman. Die Figuren selbst bleiben blass, unglaubwüdig, klischeehaft. Die Story ist furchtbar konstruiert, der Plot hanebüchen und voller Logiklöcher und Unglaubwürdigkeiten. ich hab mir das irgendwann noch so nebenbei als Hörbuch zu Ende angehört, da es ok gelesen und auch geschrieben ist, und weil ich doch wissen wollte, wie es ausgeht. Hörbücher haben den Vorteil, man kann auch mal skippen. Jedenfalls hätte ich mir das trotzdem ersparen können, denn die Auflösung ist alles andere als aufregend.
Also: Finger weg!
 

Puni

Well-Known Member
Werner Herzog - Jeder für sich und Gott gegen alle

Ist eine Art Autobiographie, in der Herzog relativ episodisch und unchronologisch einzelne Kapitel seines Lebens erzählt. Dazu muss man schon eine gewisse Sympathie für Herzog haben, ansonsten könnte man hier und da die Arroganz von ihm wohl nur schwer ertragen. Andererseits räumt Herzog selber oft auch viele Schwäche ein, was diesen Menschen nur so interessanter macht. Aber davon ab hatte Herzog wirklich ein bewegtes Leben, die Erinnerungen sind teilweise äußerst düster und heftig und man erfährt nebenbei wirklich sehr viele kleine Anekdoten zu seinen einzelnen Filmen - mit seiner Filmographie sollte man deshalb schon ein wenig vertraut sein. Vor allem seine Geschichten aus dem "Dschungel" sind der helle Wahnsinn, aber auch vermeintlich unspektakuläre Storys wie sein Studium in den USA oder der Einstieg in die deutsche Filmbranche oder die Arten der nicht ganz sauberen Finanzierung zeichnen ein sehr ambivalentes, interessantes Bild von einem sehr pragmatischen, tiefgründigen Menschen.

Sehr faszinierendes Werk auf jeden Fall. Das (natürlich selbst eingesprochene) Hörbuch gibt's kostenlos zb bei Spotify.


Meine Lieblingsanekdote:
Ein US-Studio wollte damals Fitzcarraldo mit Jack Nicholson in der Hauptrolle finanzieren - in einem Park in den USA mit einem Miniatur-Boot aus Plastik. :biggrin: Für die Produzenten gab es "Good Jungles" und "Bad Jungles" - die guten waren Nationalparks, die schlechten alles, was sich südlich der USA befindet.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Hatte ich letztens im Buchhandel in der Hand. Muss mal gucken, ob ich das einfach mal aus der Bücherhalle mitnehmen kann, wenn ich daran denke.
 

brawl 56

Ich bin auf 13 Sternen zum Tode verurteilt!
Klingt wie meine Vorbestellung von der Hot Toys Ahsoka Figur. Da gingen auch zwei Jahre ins Land, aber vor drei Wochen ist die Figur endlich geliefert worden.

Also durchhalten! :ugly:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Hab schon so oft überlegt die Reihe zu lesen und dann gedacht "nee". Also über viele Jahre. :biggrin:

Naja aber mit Depressionen kämpfen ist natürlich gar nicht witzig und arbeiten ist da auch nicht einfach. Da soll er sich selbstverständlich ruhig um sich kümmern.
 

Puni

Well-Known Member
Aber ob so ständige "Deadlines" in Form von VÖ-Terminen - sollten sie vom Verlag kommen - dann so hilfreich sind? Vielleicht wäre es dann ja besser, erst gar nichts anzukündigen um den Druck etwas rauszunehmen, statt direkt sechs weitere Romane anzukündigen.
 
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