Ich bin ja der Letzte, der dagegen ist, diese Zustände lauthals anzuklagen. Aber der Vergleich ist halt tortzdem in meinen Augen sehr problematisch bis unsinnig. Er würde ja auch nur funktionieren, wenn damals ausserhalb des Sklavenhandels die Menschen in anständigen Verhältnissen gelebt hätten. Aber dem ist ja nicht so. Neben dem, was wir heute als Sklavenhandel bezeichnen, lebten die wahrscheinlich meisten Menschen, die nicht zum Bürgertum, Adel oder Klerus gehörten in sklavenhänlichen Verhältnissen.
Und was den transatlantische Sklavenhandel historisch einzigartig macht, ist eben die Ausbeutungsmaschinerie, die darum entwickelt wurde und die sich eben auch erst durch die Sklavenarbeit entwickelte. Davor gab es Ausbeutung von Natur und menschlicher Arbeitskraft in diesem Ausmass meines Wissens nach nicht. Viele der damals entwickelten Formen der (gewaltsamen) Ausbeutung und Effizienzsteigerung, wie etwa Plantagenwirtschaft, wurden erst im Zusammenhang mit der Sklavenarbeit erfunden.
Dann wäre da noch die starke Verflechtung von Staat, Wirtschaft und Religion. Plus der Rassismus als grundlegende Voraussetzung. Es brauchte den ideologischen Unterbau, der es rechtfertigte, die Sklaven auszubeuten und zu entrechten. Sie hatten in jeder Hinsicht den Status einer Ware. Und einen entsprechenden Preis/Wert, mit dem gerechnet wurde. Handelskompanien, haben die hunderten Sklaven, die auf Überfahren nach Amerika sterben würden, in ihre Rechnungen aufgenommen.
Und zuletzt ist da noch die historische Bedeutung. Ohne den transatlantischen Sklavenhandel wären Industrialiserung und damit die Moderne nicht möglich gewesen. Europa war global gesehen ein Armenhaus, bevor es Kolonialismus und Sklaverei entdeckt hat. Gleichsam haben natürlich die Länder, aus denen die Sklaven stammten, Arbeitskraft verloren.
Eigentlich will ich nur sagen, dieser transatlantische Sklavenhandel ist in seiner Bedeutung und seiner Grösse, meine ich, schon historisch sehr einzigartig. Die Ausbeutung selbst hat natürlich überlebt und lebt weiter.
Ich könnte mir vorstellen, dass die heutigen Ausbeutungsverhältnisse eher mit der Zuständen der niederen Arbeiterklasse zur Zeit der Industrialisierung vergleichbar sind. Wo Menschen und ihre Arbeitskraft ebenfalls in brutalster Weise ausgebeuteut wurden, allerdings eingebetettet in ein anderes Wirtschaftssystem und anders gerechtferitigt (wo etwa Rassismus eine weniger grosse Rolle spielte); und wo ökonomische Zwänge die körperliche Gewalt zu grossen Teilen ablösten.
So, sorry, ich hör jetzt auch schon wieder auf.